Reiche Kommunen in Deutschland können sich niedrige Gewerbesteuerhebesätze leisten, ärmere Städte dagegen sind häufig bestrebt, ihre Schuldenlast mit höheren Sätzen zu bewältigen. Das daraus entstehende zunehmende Ungleichgewicht bis hin zur Gefahr eines Gewerbesteuertourismus bewertete unlängst Kathrin Andrae, Referatsleiterin Öffentliche Finanzen beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), als besorgniserregend. Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und der steigenden Bedeutung des Dienstleistungssektors seien viele Unternehmen bei der Wahl oder auch Verlagerung ihres Standortes, um Kosten zu reduzieren flexibler als früher. Der Wettbewerb um günstige Standorte wird intensiver – und der Gewerbesteuer-Hebesatz ist dabei ein wichtiges Kriterium. Wenn wir ein kleineres Unternehmen mit einem Jahresgewinn von 500.000,- € nehmen, dann ergäbe sich in Eschborn eine Belastung von 49.000,- € und in Oberhausen eine von 96.250 €", erläuterte die Referatsleiterin.
Das habe langfristige Folgen, warnte die Expertin: "Immer höhere Steuersätze, immer weniger Betriebe." Deshalb müssten sich in jeder Kommune die Verantwortlichen die Frage stellen, ob die finanzielle Situation nicht auch auf andere Weise verbessert werden könnte. Eine Gewerbesteuererhöhung in großem Ausmaß sei jedenfalls "sehr kurzsichtig". Gewerbesteuererhöhungen lösten die Probleme nicht, weil sie allenfalls kurzfristig für höhere Einnahmen sorgten, mittel- und langfristig verschlechterten sie die Standortbedingungen und verschärften sogar die Haushaltsprobleme. Manche Wirtschaftsverbände, wie beispielsweise der IHK schlagen anstelle der stark schwankenden Gewerbesteuer deren Ersatz durch eine gewinnabhängige Kommunalsteuer vor – doch auch Gewinne sind Schwankungen unterworfen.