Die Bundestagsverwaltung hat der AfD mit Schreiben vom 21.11 2014 das Ergebnis der Prüfung unter Einbezug einer Stellungnahme des „Arbeitskreises Parteienfinanzierung“ des Instituts der Wirtschaftsprüfer mitgeteilt, so lautet es auf der Seite des Deutschen Bundestages „dass der von der AfD betriebene Goldhandel nach dem Wortlaut des Parteiengesetzes zu einer entsprechenden Anhebung der relativen Obergrenze führen kann“. Zugleich ist zu lesen, dass das Ergebnis dieser Prüfung den Bundestagspräsidenten Lammert aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken veranlasst hat, der Innenausschuss möge sich im Rahmen einer Reform einiger Vorschriften des Parteiengesetzes mit dieser Anrechnungsregelung gleichfalls befassen.
Die Bundestagsverwaltung hegt also die Rechtsauffassung, die entsprechenden Vorschriften des Parteienrechts würden auch bei der unternehmerischen Tätigkeit die Verbuchung Umsatz gleich Gewinn vorschreiben. Eine konkrete ausführliche rechtliche Begründung ist bis dato nicht bekannt. Jedenfalls hegt zumindest Bundestagspräsident Lammert öffentlich verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich dieser Rechtsauffassung. Immerhin ist der Bundestagspräsident ja für die formale und inhaltliche Prüfung auf Richtigkeit der Rechenschaftsberichte der politischen Parteien (gem. § 23 a PartG) zuständig. Der Bundestagspräsident setzt auch die Auszahlung der staatlichen Mittel entsprechend eines vorgeschriebenen Verfahrens (gem. §19a PartG) aus der staatlichen Teilfinanzierung fest. Er ist sozusagen der Chef der Bundestagsverwaltung, die ihm zuarbeitet. Nachdem das Parteiengesetz (§19a Abs. 1 Satz 2 PartG) vorschreibt, dass der Bundestagspräsident nur auf Grund eines Rechenschaftsberichts staatliche Mittel festsetzen und auszahlen darf, dürfte er ja wohl oder übel keine Festsetzung zu dem jetzigen Zeitpunkt zu Gunsten einer Partei vornehmen. Die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Jahr 2014 müssen erst im Jahre 2015 vorgelegt werden. Der Bundestagspräsident benötigt auch alle Rechenschaftsberichte der Parteien, die staatliche Mittel aus der staatlichen Teilfinanzierung zu beanspruchen haben. Da ja die Geldmittel absolut nach oben begrenzt sind, kann bei der Festsetzung und Auszahlung der Mittel eine Partei bevorzugt oder auch benachteiligt sein. Zudem verpflichtet Art 21Abs. 1 Satz 4 Grundgesetz die Parteien über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft zu geben. So führt u.a das Bundesverfassungsgericht hierzu aus
Nur ein vollständiger Rechenschaftsbericht genügt dem Verfassungsgebot, die Bürger über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen einer Partei zu unterrichten. Eine lediglich formell ordnungsgemäße Rechenschaftslegung wäre mit den in Art. 21 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden institutionellen Garantien und Grundsätzen unvereinbar (Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 17. Juni 2004 – 2 BvR 383/03).
Die Mitteilung an die AfD kann also keine Festsetzung, die Juristen sprechen von einem Verwaltungsakt mit Drittwirkung, beinhalten. Stellt die Mitteilung eine Zusicherung dar? Kann die AfD darauf vertrauen, dass der Bundestagspräsident auch dann im Sinne der AfD entscheidet? Wohl kaum, ohne jetzt den konkreten Inhalt der Mitteilung an die AfD zu kennen. Der Bundestagspräsident hat bereits selbst verfassungsrechtliche Bedenken öffentlich geäußert. Selbst wenn jetzt eine Zusicherung gegeben worden wäre, wäre der Bundestagspräsident nicht mehr daran gebunden, wenn sich die Sach- und Rechtslage nachträglich derart ändert, dass er die Zusicherung bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen hätte nicht geben dürfen. Es wird in der Mitteilung nur die Möglichkeit angesprochen, dass der von der AfD betriebene Goldhandel nach dem Wortlaut des Parteiengesetzes zu einer entsprechenden Anhebung der relativen Obergrenze führen kann“. Eine gerichtliche Überprüfung könnte ein völlig anderes Ergebnis bringen.
Wünschenswert wäre allerdings auch, die im Fall der Auszahlung der Abschlagszahlung und Auszahlung der staatlichen Teilfinanzierung an die AfD ohne vollwertigen Rechenschaftsbericht für das Jahr 2013 im Februar 2014 durch die Bundestagsverwaltung selbst vorgenommene verfassungskonforme Auslegung des §19 a PartG einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Wie die Bundestagsverwaltung in der Bundestagsdrucksache ausführt:
Seite 115 Bundestagsdrucksache 18/100 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/001/1800100.pdf)
Seit mehreren Jahren schon (vgl. Bundestagsdrucksachen 16/14140, S. 109 f. und 17/8200, S. 103) vertritt allerdings die mittelverwaltende Behörde eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen parteienrechtlichen Regelungen, die einerseits der Förderungsintention im Hinblick auf bereits gesellschaftlich nachweislich verwurzelte Parteien, andererseits der Transparenzforderung bezüglich der Parteienfinanzen gerecht wird………
Die im letzten Bericht geäußerte Rechtsauffassung, dass es für eine Festsetzung somit künftig eines regulären und vollständigen Rechenschaftsberichts bedürfte, wird im Hinblick auf das Erfordernis der Vollständigkeit der Rechnungslegung nicht mehr aufrechterhalten.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass in einem Fall eine verfassungskonforme Auslegung durch den Bundestagspräsidenten mit seiner Bundestagsverwaltungsbehörde vorgenommen wird und im anderen Falle, obwohl verfassungsrechtliche Bedenken bekundet werden , eine verfassungskonforme Auslegung unterlassen wird, abgesehen davon, ob eine Behörde zu einer derartigen verfassungskonformen Auslegung berechtigt ist. Letztendlich handelt es sich immer um die Festsetzung eines gleichgelagerten Leistungsanspruchs einer Partei auf staatliche Mittel aus der staatlichen Teilfinanzierung.
Eine Klärung bedarf auch der Umstand, dass die Bundestagverwaltung bei Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit und Beteiligungen gem. §24 Abs. 4 Nr. 5 PartG, also bei der gleichlautenden Einnahmeart sehr wohl einen Unterschied bei der Anrechnung vornimmt. Bei Einnahmen aus Unternehmenstätigkeit legt die Bundestagsverwaltung den Umsatz zu Grunde und bei der Beteiligung den Gewinn. Hier scheint das „strikte Saldierungsverbot“ auf das sich die Bundestagsverwaltung beruft, keine Rolle zu spielen. Die Rechtsauffassung der Bundestagsverwaltung scheint doch diesbezüglich etwas widersprüchlich zu sein.
Will die Bundestagsverwaltung einerseits mit der großzügigen Auslegung gegenüber der AfD den Umsatz anrechnen zu können, die in den Beteiligungen verdeckten Vermögenspositionen der etablierten Parteien verschleiern, obwohl dies geboten erscheint ? So heißt es im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. 12. 2012 ( – 6 C 32. 11; OVG Berlin-Brandenburg) Gerade wegen des hohen Anteils von Haushaltsmitteln bei den Parteienfinanzen ist deshalb die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Erstreckung der Rechenschaftspflicht auf das Vermögen geboten (vgl. Morlok, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2006, Bd. 2, Art. 21 Rn. 116).
Es geht hier nicht nur im die Rechtssicherheit der Parteien, sondern um das Verfassungsgebot zu Gunsten der Bürger sie über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen einer Partei vollumfänglich zu unterrichten. Denn die staatlichen Mittel sind Steuergelder der Bürger!